Wer heute an Mercedes und die Formel 1 denkt, dem kommt vermutlich zuallererst die jahrelange Erfolgsserie in den 2010er-Jahren in den Kopf. Von 2014 bis 2020 dominierte das Werksteam die Königsklasse, Lewis Hamilton und Nico Rosberg wurden in den Boliden zu Weltmeistern. Aber bereits in den 90er-Jahren spielte der Hersteller in der Rennserie eine wichtige und erfolgreiche Rolle. Wir blicken auf dieses Jahrzehnt und die Bedeutung des Sterns aus Stuttgart in der Formel 1 zurück.
Die 90er-Jahre als einzigartiges Jahrzehnt
Die 90er-Jahre waren mit einem Blick auf die Formel 1 ein einzigartiges Jahrzehnt. Das gilt im Besonderen aus der Sicht der deutschen Fans.
Die Formel 1 in den 90ern aus deutscher Sicht
Mit dem Einstieg von Michael Schumacher 1991 hatten die Motorsport-Freunde aus der Bundesrepublik endlich ein Idol, das einige Jahre später mehrere WM-Titel nach Hause bringen sollte.
Mit „Schumis“ Bruder Ralf und Heinz-Harald Frentzen wiederum waren zwei weitere deutsche Piloten in der Rennserie aktiv, die hier und da einige Erfolge verzeichnen konnten. Am Aufstieg von Frentzen und Schumacher war Mercedes übrigens nicht ganz unbeteiligt: Beide Fahrer fuhren im Jahr 1990 für das Mercedes-Benz-Junior-Team in der Gruppe C Sportwagen und bekamen somit eine solide Basis für den späteren Erfolg.
Höhen, Tiefen und eine andere Welt
Vielen Fans ist die besondere Spannung der damaligen Duelle noch gut im Gedächtnis geblieben. Mit McLaren, Williams und Benetton wurden gleich drei Teams in diesem Jahrzehnt Weltmeister und sorgten somit für viel Abwechslung.
Allerdings gab es auch dramatische Momente. So verstarben in Imola 1994 mir Roland Ratzenberger und Ayrton Senna zwei Piloten an einem Rennwochenende. Ratzenberger hatte im Qualifying einen Hochgeschwindigkeits-Crash, dessen Folgen er erlag.
Senna wiederum zog sich beim Rennen am Sonntag tödliche Verletzungen zu. Die Formel-1-Welt stand unter Schock, in den folgenden Jahren wurden die Sicherheitsvorkehrungen deutlich verschärft.
Auch die Grundvoraussetzungen waren anders als heute. Insgesamt traten beispielsweise in der Saison 1990 fast 20 Teams an – also nahezu doppelt so viele Rennställe wie heute. Dabei qualifizierte sich bei weitem nicht jeder.
Für einige Fahrer, die es im Abschluss-Training nicht über eine bestimmte Platzierung hinausschafften, endete das Rennwochenende bereits vor dem Sonntag. Bei einigen der Events versuchten mehr als 30 Piloten, einen Platz in der Startaufstellung zu ergattern.
Entsprechend wenig verwunderlich ist die Begeisterung, mit der viele Motorsport-Fans noch heute an das Jahrzehnt zurückdenken. Schließlich gab es mit den Rennen am Nürburgring und in Hockenheim zeitweise zwei Grand Prix in der Bundesrepublik.
Aber auch abseits der Strecke hatte diese Phase viel zu bieten. So gab es einen ganz eigenen Musikstil und Filme, die bis heute legendär sind. Auch das Internet, über das Videos von der Strecke heute ständig abrufbar und noch Jahre später verfügbar sind, war noch nicht so weit verbreitet.
Inhaltlich glich das Netz eher dem heutigen Darknet. Die Fans hatten also allen Grund, ein Rennwochenende mit Spannung zu erwarten und so viel wie möglich live vor dem Fernseher oder vor Ort sehen zu wollen.
Sauber-Mercedes 1993 und 1994
Mercedes beging den Einstieg in die damalige Formel 1 offiziell im Jahr 1993. In dieser Saison fungierte der Hersteller als Partner des heute legendären Schweizer Teams Sauber, das ebenfalls seine erste Weltmeisterschaft in der Königsklasse bestritt. Diese Verbindung hatte zuvor bereits im Bereich der Sportwagen-Rennen bestanden.
Für die Entscheidungen in den nächsten Jahren war Mercedes Motorsport-Chef Norbert Haug, der später zu einer wichtigen Figur in den Titelkämpfen mit McLaren-Mercedes gegen Ferrari werden sollte, maßgeblich verantwortlich.
1993: Kooperation mit Ilmor und Achtungserfolge
1993 unterstütze Mercedes das Sauber-Team durch eine Kooperation mit Ilmor, dem Motorenlieferanten. Diese britische Schmiede wurde vom mittlerweile legendären Mario Illien und von Paul Morgen gegründet. Sichtbar wurde das Engagement aus Stuttgart durch einen Aufkleber auf den Boliden.
Der Wagen wiederum wurde von Harvey Postlethwaite und Leo Ress konstruiert. Als Fahrer setzte Sauber Karl Wendlinger (übrigens der dritte Pilot im Mercedes-Sportwagen-Programm Anfang der 90er Jahre) und den Finnen JJ Lehto ein.
Letzterem gelang beim Saisonauftakt in Kyalami mit dem fünften Platz und zwei Punkten für das Newcomer-Team eine kleine Sensation. Am Ende des Jahres belegte der Rennstall Rang 7 der WM, von damals insgesamt noch 13 Teams.
1994: Offizieller Teamname, Frentzen gibt sein Formel-1-Debüt im Sauber
Im Jahr 1994 wurde die Partnerschaft offizieller. Für diese Saison trug das Team nun den Namen „Broker Sauber Mercedes“. Insgesamt saßen 1994 4 Piloten im Sauber-Cockpit:
- JJ Lehto,
- Karl Wendlinger,
- Heinz-Harald Frentzen
- sowie Andrea de Cesaris (infolge eines schweren Unfalls von Wendlinger in Monaco).
Frentzen konnte als Newcomer die meisten Zähler für das Team einfahren. Insgesamt landete der Rennstall aus der Schweiz mit der Unterstützung von Mercedes in dieser Saison auf Rang 8 der WM. Ende des Jahres gab Mercedes allerdings einen folgenschweren Wechsel bekannt.
McLaren-Mercedes: Partnerschaft ab 1995
So war bereits im Oktober klar, dass der Hersteller aus Stuttgart ab 1995 mit McLaren kooperieren würde. Der Rennstall hatte in den 15 Jahren zuvor mit Ayrton Senna und Alain Prost einige Weltmeistertitel geholt.
1995: Holpriger Start, Rang 4 in der Konstrukteurs WM
Die Motoren kamen weiterhin von der Firma Ilmor. Als Fahrer wurden zunächst Nigel Mansell und Mika Häkkinen verpflichtet. Der frühere Weltmeister Mansell bestritt allerdings nur zwei Rennen, bevor er von Mark Blundell ersetzt wurde.
Zunächst war das Cockpit für den Briten zu schmal, nach zwei enttäuschenden Rennen trat er abermals zurück, was den Weg für Blundell freimachte. Insgesamt war die Saison von Startschwierigkeiten und technischen Problemen geprägt, am Ende des Jahres Stand der Rennstall auf Rang 4 der Konstrukteurs-WM.
Bei letzten Rennen in Adelaide gab es für Häkkinen allerdings noch einen Schock-Moment. Im Freitagstraining erlebt er nach einem geplatzten Reifen einen heftigen Aufprall und zog sich mehrere Schädelfrakturen zu. Häkkinen selbst erklärte später, dass er in den Minuten nach dem Aufprall um sein Leben bangte.
1996 und 1997 – Aufwärtstrend
Zum Start der Saison 1996 wurde das zweite Cockpit mit David Coulthard besetzt. In dieser Saison waren erste Ansätze einer Verbesserung zu erkennen. Zwar blieb das Team auf Rang vier der Konstrukteurs-WM. Allerdings konnte der Rennstall sich mit einem Blick auf die Zahlen, unter anderem auf den Punktestand nach dem letzten Rennen, deutlich steigern.
1997 gab es zunächst eine optische Veränderung. Mit dem neuen Sponsor West wurde die silberne Lackierung eingeführt – noch heute kennen viele Fans den legendären Begriff des „Silberpfeils“, der zu dieser Zeit wiederauflebte.
Insgesamt gewann der Rennstall drei Rennen und konnte den Rückstand zu den Spitzenteams erneut minimieren. Coulthard triumphierte in Australien und Monza, Häkkinen in Jerez – also in genau dem Saisonfinale, in dem Michael Schumacher versuchte, Jacques Villeneuve von der Strecke zu schießen und als Konsequenz im Nachhinein von der gesamten WM disqualifiziert wurde.
Zwei WM-Titel 1998 und 1999
In den zwei darauffolgenden Jahren wurde der Kampf um die WM in den zwei Folgejahren zwischen Ferrari und McLaren-Mercedes ausgetragen.
Der Erfolgs-Konstrukteur: Adrian Newey
Einen erheblichen Teil hierzu trug der Konstrukteur Adrian Newey bei, der ab 1998 den McLaren konzipierte. Der Brite hatte ab dem Jahr 1987 einen rasanten Start als Designer in der Königsklasse hingelegt, zunächst war er beim March-Team beschäftigt.
Newey erkannte früh die Bedeutung der Aerodynamik und schaffte es so, auch mit geringen wirtschaftlichen Mitteln ein Auto zu bauen, dass erstaunlich konkurrenzfähig war. Die Lorbeeren für seine Brillanz sollte er in den 90er-Jahren ernten. 1992 bis 1994 sowie 1996 und 1997 holte er mit Williams fünf Konstrukteurs- und vier Fahrertitel. Newey galt also schon damals als Garant für Erfolge.
WM-Titel 1998: Kampf mit Schumacher
Im Jahr 1998 konnte Mika Häkkinen seinen ersten WM-Titel erzielen. Zum Start des Finales in Suzuka lag der Finne vier Punkte vor Michael Schumacher. Der Ferrari-Pilot aus Kerpen würgte beim Start zunächst seinen Boliden ab, was zur Folge hatte, dass er von ganz hinten starten musste.
Später fiel er mit einem technischen Defekt aus, was den Finnen schlussendlich zum Weltmeister machte. Parallel dazu sicherte sich McLaren-Mercedes den Konstrukteurs-Titel, David Coulthard trug hierzu einen erheblichen Teil bei.
Einige Momente des Konkurrenzkampfes von Ferrari und McLaren-Mercedes in der Saison 1998 sind bis heute unvergessen – beispielsweise die Regenschlacht von Spa. Nach einer massiven Startkarambolage waren die Bedingungen aufgrund des schlechten Wetters weiter unübersichtlich.
In der 25. Runde hatte Schumacher eine komfortable Führung aufgebaut und setzte dazu an, David Coulthard zu überrunden. Aufgrund der schlechten Sicht prallte er auf das Heck des Silberpfeils, beiden Piloten fielen aus.
Coulthard war vom Gas gegangen, um Schumacher vorbeizulassen. Allerdings blieb er auf der Ideallinie, was schlussendlich zum Unfall führte. Wutentbrannt stürmte Schumi danach Richtung McLaren-Mercedes-Box, um Coulthard zu konfrontieren. Er konnte nur mit viel Mühe von seinen eigenen Mechanikern zurückgehalten werden.
WM-Titel 1999: Mehrere Piloten im Titelkampf
Die WM 1999 entwickelte sich anders als gedacht. Nachdem sich Häkkinens größter Konkurrent Michael Schumacher bei einem Unfall in Silverstone das rechte Bein gebrochen hatte, fiel er für einen nicht unerheblichen Teil der Saison aus.
Dementsprechend trug der Finne den Fight um die WM mit Eddie Irvine aus. Phasenweise sah es sogar so aus, als würde ein Titel-Dreikampf zwischen Häkkinen, Irvine und Heinz-Harald Frentzen im Jordan entstehen.
Im letzten Rennen in Suzuka konnte sich der McLaren-Mercedes-Pilot den Gesamtsieg in der Königsklasse schlussendlich ein zweites Mal in Folge sichern. Am Ende lag er zwei Zähler vor Eddie Irvine. Allerdings blieb dabei ein Wermutstropfen: Den Konstrukteurs-Titel verloren die Silberpfeile an Ferrari.
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